Die Ersten werden … am Ende der Saison 2024 vielleicht auch die Ersten sein? Der Sauerländer Jürgen Freiburg aus Nachrodt-Wiblingwerde im Märkischen Kreis hat sich als erster Teilnehmer der Tourenwagen Legenden für das kommende Sportjahr eingeschrieben. Mit seinem VW Corrado war der Nordschleifen-Spezialist bis 2018 in der damaligen Langstrecken-Meisterschaft Nürburgring aktiv. Nach zwei unverschuldeten Kaltverformungen wechselte er jedoch in den klassischen Tourenwagen-Rennsport. Sein Audi 80 Competition ist inzwischen eine feste Größe im Starterfeld. Mehr noch: 30 Jahre nach dem Werkseinsatz des Audi 80 Competition im ADAC Tourenwagen Cup 1994 wird er im kommenden Jahr auch eine Reminiszenz an Hans-Joachim Stuck, Rinaldo “Dindo” Capello und all die anderen Volanteure in Diensten der Ingolstädter sein. Seinen Audi 80 Competition hat er im gleichen silber-roten Farbschema gestaltet wie die viertürigen Vorläufer des Audi A4 STW, der ab 1995 mit großen Ambitionen die Nachfolge antrat. Allen, die dieses Thema interessiert, sei im Nachgang eine Modellhistorie in Kurz- und Langfassung ans Herz gelegt.
Audi STW: Super, dieser Supertourenwagen!
Konsequent entwickelter Zweiliter-Seriensieger mit vier Türen
1995 löst der Audi A4 quattro den bisherigen Audi 80 quattro competition ab. Der Neue ist in sämtlichen Belangen verbessert worden. Er ist breiter, flacher und vor allem verwindungssteifer. Nach dem Ausstieg aus der DTM Mitte 1992 ist die technisch weniger freizügige Zweiliter-Formel auch für Audi Sport die erste Wahl. Das Reglement der Supertourenwagen, kurz STW, setzt bei 300 PS eine Leistungsgrenze. Die Konsequenz: Überaus aufwändige Detailarbeit entscheidet über Sieg oder Niederlage. Viel Energie fließt in die Optimierung der Reibungswiderstände, an der sich Entwicklungspartner Shell maßgeblich beteiligt. Bis zur Saison 1997 einschließlich wird mit Allradantrieb gefahren, anschließend dürfen offizielle Werkswagen lediglich noch eine angetriebene Achse aufweisen – das vorläufige Ende der quattro-Idee im Spitzensport nach 17 Erfolgsjahren. Audi stellt den A4 auf Frontantrieb um, um bis zum Anlauf des Le-Mans-Projektes 1999 in der Szene vertreten zu bleiben. Die Besetzung der Ingolstädter Viertürer ist von Anfang an hochkarätig. 1995 formiert sich ein neues Team, das vom Audi Zentrum Koblenz, kurz AZK, unter der Leitung von Thomas John sowie Udo Schneider aufgestellt wird. Hans-Joachim Stuck sowie Altfrid Heger avancieren zu Dreh- und Angelpunkten der Initiative. Mit dem Italiener Emanuele Pirro mischt darüber hinaus ein ehemaliger Formel-1-Fahrer mit. Der stets gut gelaunte Südländer unterstützt den Ex-DTM-Champion Frank Biela in Fred Stalders ROC-Rennstall, der in Chamonix am Fuße des Montblanc stationiert ist. Die italienische Rennlady Tamara Vidali unterstreicht veränderte Wertmaßstäbe im Spitzensport: Immer mehr schillernde Charaktäre hinter den Volants sollen in die Schlagzeilen fahren, außerdem wird PR durch die Präsenz in den neuen Medien immer wichtiger. In diesem Klima setzt der perfektionistische Supertourenwagen von Audi Sport einen vorläufigen Schlusspunkt. 2004 erfolgt die Rückkehr des A4 – freilich in zweiter Generation und gänzlich anders. Nachdem in der 2000 wiederbelebten DTM nach vier Spielzeiten viertürige Karosserien standardmäßig eingeführt werden, reagiert Audi Sport mit dem intern als R11 bezeichneten A4 DTM. Auf Anhieb sichert sich der Schwede Mattias Ekström den Titelgewinn. Mit den Shell-Logos sind die silbernen Audi A4 DTM unter der Bewerbung der Audi S line unterwegs. Emanuele Pirro und Frank Biela sind die prominenten Steuer-Männer in den Cockpits. Nicht nur sie erinnern an glanzvolle Triumphe bei den 24 Stunden von Le Mans. Reinhold Joest, ihr Teamchef an der Sarthe, ist wie sie mit von der Partie. Wie so häufig im professionellen Rennsport, steht der Audi A4 DTM symbolhaft für den Anfang eines Evolutionsprozesses. 2005 bereits bringt die Einbindung des innovativen Singleframe-Kühlergrills erste Veränderungen mit sich. Das wirkt sich nicht zuletzt auf die Nomenklatur aus: Dem R11 aus dem Jahr 2004 folgt 2005 der R12, dem sich 2006 der R12 plus anschließt.
Audi im Tourenwagen-Business: mit vier Türen in der Tradition der Urväter durch moderne Zeiten
1995 eröffnet der Audi A4 in der Zweiliter-Supertourenwagen-Kategorie eine neue Zeitrechnung. Neun Jahre später – 2004 – debütiert in der DTM die Nachfolgeversion des Audi A4. Dazwischen liegt eine gefühlte Ewigkeit. Von der Modellbezeichnung und der Herkunft abgesehen, bleibt kein Stein auf dem anderen. So verdoppeln sich der Hubraum und die Zylinderzahl – vom anfangs exakt 2.000 ccm großen Reihen-Vierzylinder hin zum Vierliter-V8-Saugmotor. Der Anspruch bleibt stets derselbe: perfekt bis ins Detail, schlagkräftig, siegfähig, innovativ. Premium eben, denn genau das ist der (hohe) Anspruch. Die Konsequenz dieser Strategie: Von 2007 bis 2009 bestimmen die “Audianer” das Geschehen an der Spitze der DTM. 2007 wiederholt Mattias Ekström sein 2004 mit dem A4 der ersten Serie abgelegtes Meisterstück, 2008 und 2009 fährt der gebürtige Braubacher Timo Scheider voraus. Er vertritt die Sympathieträger der jüngeren Generation.
Nachsatz: Vier Ringe, vier DTM-Titel – wie auf dem Sportwagen-Sektor sammelt Audi Sport auch in der Tourenwagen-Szene Erfolge in Serie. Wegbereiter des Wiedereinstiegs in den Tourenwagen-Rennsport ist der Abt-Audi TT-R, der ab dem Jahr 2000 auf semi-privater Ebene eingesetzt wird. 1999 wird Christian Abt auf Audi A4 Quattro der letzte Super-Tourenwagen-Cup-Meister der Motorsport-Geschichte. Nachdem das von seinem Bruder Hans-Jürgen geführte Team Abt Sportsline bereits 1999 den Audi-Einsatz in der STW-Meisterschaft nach dem Rückzug der Ingolstädter zugunsten des Le-Mans-Projektes übernommen hat, entscheidet sich das Allgäuer Unternehmen, auch an der zwischenzeitlich wiederbelebten DTM teilzunehmen. Die Zustimmung von der DTM-Trägerorganisation ITR, die Eigenkreation mit verlängertem Radstand an den Start bringen zu dürfen, erhält Hans-Jürgen Abt aber erst am 31. Januar 2000. In 100 Tagen entwickelt Abt Sportsline den Abt-TT-R und lässt die vier Einsatzfahrzeuge für die DTM-Saison 2000 bei der britischen Firma Foss-Tech aufbauen. Da im Vorfeld des Engagements die zukünftigen Rivalen Mercedes Benz und Opel intensiv testen, ist der Entwicklungs- und Erfahrungsrückstand entsprechend groß. In der ersten Saisonhälfte fahren Christian Abt, James Thompson, Kris Nissen und Laurent Aiello dem hart umkämpften Feld hinterher. Doch der federführend durch Albert Deuring konstruierte Abt-TT-R durchläuft insgesamt vier Entwicklungsstadien. Das erfolgreichste datiert auf die DTM-Saison 2002, dem dritten Einsatzjahr. Der Franzose Laurent Aiello, unterstützt durch Neuzugang Martin Tomczyk und Christian Abt, ist der Mann der Stunde. Er sichert sich den Titelgewinn und legt den Grundstein zu einer engen, bis heute belastbaren Zusammenarbeit zwischen Abt Sportsline und Audi Sport.
Eine gewisse Seelenverwandtschaft mit dem Abt-TT-R ist dem Audi R8 LMS (intern als R16 bezeichnet) nicht abzusprechen. Mit Abt Sportsline steht ein- und derselbe Entwicklungspartner hinter dem Projekt, das im Januar 2008 – acht Jahre nach dem mutigen DTM-Einstieg – hinter den Kulissen beginnt. Neben dem internationalen FIA-GT3-Reglement gilt die Zielsetzung der für 262.000 Euro (netto) frei verkäuflichen Kundensport-Ausführung dem ADAC-Zurich-24-Stunden-Rennen Nürburgring. Erste Testfahrten finden im Spätherbst 2008 auf dem Eifelkurs statt. 2009 erfolgt die planmäßige Feuertaufe beim Marathon zweimal rund um die Uhr, doch bis zum ersten Gesamtsieg vergehen drei Jahre. Erst 2012 ist es schließlich soweit – eine sporthistorische Parallele zum Abt-TT-R, der ebenfalls drei Reifejahre bis zum Triumph in der DTM beansprucht. Inzwischen konnten mehr als 120 Fahrzeuge erfolgreich vermarktet werden. Damit hat sich der R8 LMS, von dem inzwischen natürlich auch eine Evolution, der R8 LMS ultra, existiert, als populäre Breitensport-Lösung fest etabliert.
Verantwortlich für den Inhalt: netzwerkeins GmbH, Carsten Krome
Archivbilder: netzwerkeins GmbH, Carsten Krome; Audi Sport (2)