Der Mann ist Jahrgang 1962, gelernter Bankkaufmann, Diplom-Kaufmann und Immobilien-Fachmann in Personalunion. Doch Guido Momm ist nicht nur Manager, er ist seit 2019 auch Rennfahrer. Gleich bei seinem ersten Einsatz in der Motorsport Arena Oschersleben erlag er einem Schlüsselreiz. Er lief bei der Premiere der Tourenwagen Legenden in der Magdeburger Börde zufällig in eine der Nachbarboxen – und die war mit Preziosen auf Rädern überfüllt. Zwei Jahre später hatte der gebürtige Eifeler aus Nideggen nicht nur die Voraussetzungen für die C-Lizenz erfüllt, sondern sich auch – höchst stilsicher – eine gleichnamige C-Klasse zugelegt. Dass er mit dem 1994 – vor annähernd 30 Jahren – von Ellen Lohr in der DTM genutzten Original-Werkswagen seitdem zu den Aktivposten auf dem Sektor der Tourenwagen-Klassiker zählt, hat auch mit einem zu dieser Zeit tödlich verunglückten Forme1-1-Star aus Österreich zu tun – nicht der einzige Zusammenhang mit einer Berühmtheit des Rennsports: das Porträt eines Rennen fahrenden Stammkunden von tst sport + technik, der im vierten Jahr im Zeichen des Sterns unterwegs ist.
Eigentlich hatte es nur eine Zwischenlösung sein sollen. Denn Guido Momm, Jahrgang 1962 und nach prägenden Jahren im Bankwesen inzwischen Unternehmer, hatte sich eigentlich schon für einen Ford Mustang GT 5.0 mit Vorleben in den DTM-Jahren 1989 bis 94 entschieden. Der US-Bolide, ehedem vom Berliner Privatfahrer Gerd Ruch in der DTM gefahren, war nach einem Vierjahrhundert Standzeit nicht auf Knopfdruck wieder einsatzfähig. Logisch – es bedurfte einer umfassenden Überholung, die in Berlin-Rotberg unweit des neuen Flughafens Schönefeld erfolgen sollte. Auch wenn die Spezialisten bei MK Mücke Motorsport dort von der schnellen Truppe sind, nahm die Aufarbeitung der Materie ihre Zeit in Anspruch – Zeit, die Guido Momm ungeduldig werden ließ. Er hatte spontan dem Kauf zugestimmt und wollte einfach fahren – aber nicht mit einem angemieteten Cup-Opel Astra, mit dem er 2019 die ersten Gehversuche bei den Langstreckenrennen der „NES 500“ unternommen hatte. Seine Lebensgefährtin hatte ihm früh dazu geraten, seinen Sport mit professionellerem Gerät zu betreiben. So begab sich der gebürtige Nideggener, der nach beruflichen Stationen in anderen Regionen Deutschlands inzwischen wieder in Kelberg in der Eifel lebt, auf die Suche nach einer Lösung bis zur Fertigstellung des Mustang.
Strenggenommen stimmt diese Situationsbeschreibung eigentlich nicht, sein Übergangsauto hatte Guido Momm längst in der Box von tst sport + technik gefunden. Gleich bei der Premiere der Tourenwagen Legenden – er selbst fuhr sein allererstes Rennen an jenem Wochenende im Mai 2019 – lief er in der Motorsport Arena Oschersleben zufällig mitten in die mitgebrachten Hochkaräter der Marke Mercedes-Benz. Pilotieren dürfen hätte er die bis zu 510 PS leistenden Klasse-1-Boliden damals noch nicht, dazu hätte er zumindest die Internationale C-Lizenz des DMSB vorlegen müssen. Diese setzte zumindest drei Platzierungen bei nationalen Wettbewerben voraus. Die Lehrzeit war recht bald überstanden – und der Erwerb der originalen, 1994 von Werksfahrerin Ellen Lohr in der DTM an den Start gebrachten C-Klasse beschlossene Sache. Warum er sich für diesen Zeitzeugen entschied, hat einen auf den ersten Blick ungewöhnlichen Grund. „1994 ist nicht nur dieser AMG-Mercedes-Benz im Fokus gewesen, sondern auch der Österreicher Roland Ratzenberger in der Formel 1 tödlich verunglückt“, weiß Guido Momm zu berichten. „Dessen Freundin kam aus der Eifel, wir kannten uns gut – so kam die Verbindung zustande und mein besonderes Verhältnis zum Rennsportjahr 1994.“
© Farid Wagner, pitwall media © Farid Wagner, pitwall media
Vorbesitzer Thorsten Stadler organisierte bei tst sport + technik in Hann.Münden die technische Vorbereitung des letzten noch auf einer tragenden Stahlblech-Karosserie aufgebauten Klasse-1-Tourenwagens – und nicht nur das. Auch das Engagement von Kurt Thiim, Deutscher Tourenwagen-Meister 1986 und bis 1996 einschließlich Werksfahrer in Mercedes-Benz-Diensten, als Einsatz- und Referenzfahrer stielte er ein. 2021 feierte das ProAm-Duo erste Podiumserfolge, und stets blieb die zwischenzeitlich schon einmal an einen US-amerikanischen Sammler veräußerte und vor einem Jahrzehnt zurück nach Deutschland geholte C-Klasse von größeren Blessuren verschont. Freilich musste sie 2023 nach ihrem zweiten Frühling bei tst sport + technik gründlich revidiert und beim Saisonfinale auf dem Nürburgring im Oktober erneut in Betrieb genommen werden. Diesmal war es der dreifache DTM-Champion Klaus Ludwig, der sich mit Guido Momm am Volant abwechselte. Und ob das der Berühmtheiten noch nicht genug wäre, verweist letzterer, der 2024 in sein sechstes Rennsportjahr geht und spürbar Gefallen an der Sache gefunden hat, auf seine Cousine, die schon lange mit Stanley Dickens liiert ist. 1989 Sieger der 24 Stunden von Le Mans mit dem Sauber-Mercedes C9, fährt der charismatische Schwede noch immer mit den Prototypen der damaligen Zeit seine Rennen.
Er war es auch, der Guido Momm zu einem roten Dallara-Alfa Romeo Formel 3 verhalf, der mangels schützendem Dach nun aber nicht zu neuen Ehren kommt. Der rote Einsitzer ist vorerst bei Thorsten Stadler untergestellt, der sich statt dessen auf weitere Auftritte mit der C-Klasse bei den Tourenwagen Legenden 2024 einstellt. Der Mustang GT 5.0 ist unterdessen fertiggestellt, wird jedoch weiterverkauft. Vom silbernen Benz muss vor fünf Jahren eben doch ein Schlüsselreiz ausgegangen sein, dem sich der Spätberufene schon in Oschersleben 2019 nicht entziehen konnte. „Unternehmen Silberpfeil“: So lautet das Motto auch in der kommenden Spielzeit – der Anfang ist längst gemacht und der erste Sieg nur noch eine Frage der Zeit. Eigentlich.
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